Der Umbau der 40 Jahre alten Bonner Stadtbahnen zu "Neufahrzeugen" fand während der weltweit grössten Bahntechnikmesse InnoTrans in Berlin grosses Interesse beim internationalen Fachpublikum. Eine von den Stadtwerken Bonn zweiterstellte Stadtbahn wurde während der internationalen Verkehrstechnik-Messe InnoTrans in Berlin vom 23. bis 26. September 2014 ausgestellt.
Der SWB Stadtbahnwagen 7463 an der InnoTrans in Berlin Foto: Marcel Manhart
In Berlin fand die SWB-Idee der Zweiterstellung auch bei anderen Verkehrs- und Industrieunternehmen großes Interesse. Messebesucher aus Deutschland, mehreren EU-Staaten sowie aus der Türkei, Kanada und Südamerika informierten sich über das Bonner Projekt.
Zu den Besuchern am Messestand zählte auch NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, der das "Aus-Alt-mach-Neu" Projekt bereits während der Inbetriebnahme der ersten beiden Bonner Fahrzeuge im Dezember 2012 kennen gelernt hatte und die Umsetzung als beispielgebend für die Nahverkehrsbranche nannte. Während der Messe wurde deutlich, dass Modernisierungsprojekte für solide Altfahrzeuge inzwischen von der Branche als gleichwertige Alternative zu Neubeschaffungen gesehen werden. Jeder B-Wagen-Betreiber setzt sich aktiv mit dem Gedanken auseinander.
In Berlin betonte Volker Schenk, Geschäftsführer der Vossloh Kiepe GmbH: "Diese Bonner Bahn aus dem Projekt Zweiterstellung ist ein gutes Beispiel für ein erfolgreiches Modernisierungsprogramm einer Fahrzeugflotte." Mit diesem Beispiel zeige man den Fachbesuchern aus aller Welt, dass man aus 40 Jahre alten Bahnen moderne, ansprechende und energiesparende Stadtbahnen herstellen kann. "Und das nur zu etwa einem Drittel des Anschaffungspreises neuer Fahrzeuge." Vossloh Kiepe, Stadtwerke Bonn und TÜV Rheinland werden ihre Erfahrungen und das Know-How aus dem Bonner Projekt nun auch anderen Stadtbahnbetreibern im In- und Ausland anbieten. Hierfür war die InnoTrans eine gute Bühne. Bei Vertretern der Industrie, bei Bahnbetreibern und internationalen Vertretern aus Politik und Administration erfuhr das Bonner Projekt große Wertschätzung.
Die InnoTrans in Berlin ist mit mehr als 2.500 Ausstellern die weltweit führende Fachmesse für Verkehrstechnik. Die Aussteller aus 50 Ländern begrüßten binnen vier Tagen mehr als 130.000 Fachbesucher aus 140 Ländern.
Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch bezeichnet das Projekt als ausgezeichnetes Beispiel für nachhaltiges Wirtschaften und innovative Ideen des kommunalen Unternehmens. „Hier wird solide deutsche Wertarbeit aus den 70er Jahren bewahrt und rund 60 Prozent aller Teile werden wieder verwendet. Es ist ein großartiges Projekt, das die SWB auf die Schiene gebracht haben. In der deutschen Stadt der Vereinten Nationen, in der die UN antritt mit dem Satz "Nachhaltigkeit von Bonn aus weltweit", ist dies ein vorzeigbares Projekt für die ganze Welt, mit dem man zeigen kann, in Bonn wird mit Ressourcen vorbildlich umgegangen. Diese Bahn ist ein ausgezeichneter Bonn-Botschafter und ein Aushängeschild für Bonn als Stadt der Nachhaltigkeit.“
SWB-Geschäftsführer Heinz Jürgen Reining ergänzt: „Wie die Stadtwerke Bonn stehen auch andere Verkehrsunternehmen weltweit unter hohem Kostendruck: Unsere Zweiterstellung wirkt dem entgegen. Allein durch die Modernisierung der 25 Fahrzeuge aus den Jahren 1974 bis 1977 sparen die Stadtwerke Bonn rund 47 Millionen Euro. Die zweiterstellten Fahrzeuge sind Neufahrzeugen gleichwertig und für die nächsten 25 Jahre ausgelegt."
Hintergrund
Hinter dem Projekt Zweiterstellung steckt eines der interessantesten und erfindungsreichsten Projekte in der Geschichte der Stadtwerke Bonn. Denn die zweiterstellten Bahnen sind nagelneu und gleichzeitig Oldtimer. Sie wurden Mitte der 70er Jahre als "Typ B 100" bei der Düsseldorfer Waggonfabrik (Duewag) gekauft und in Dienst gestellt. Nach fast vier Jahrzehnten im Dauereinsatz sollten 25 Bahnen aus den Baujahren 1974 bis 1977 zunächst ausgemustert werden.
Auf der Suche nach einem Nachfolgemodell fanden die SWB-Fachleute schnell heraus, dass es weltweit nur noch wenige Anbieter für neue Stadtbahnen gibt und diese Bahnproduzenten Produkte liefern, die nicht so solide erscheinen, wie die alten Düsseldorfer Duewag-Bahnen - und das zu Preisen von mehr als drei Millionen Euro pro neue Bahn. Es reifte der Plan, die solide Substanz zu erhalten und selbst in die Stadtbahnproduktion einzusteigen.
Zunächst werden 25 Stadtbahnen aus den 70er Jahren neu erstellt. Stückpreis: Rund 1,2 Millionen Euro. Im Vergleich zum Kauf von 25 neuen Fahrzeugen entsteht ein Einsparvolumen von rund 47 Millionen Euro. Weitere 35 Fahrzeuge (Baujahre 1983 bis 1993) sollen in einem zweiten Schritt erneuert werden. Nachdem im Dezember 2012 die ersten beiden neu erstellten Fahrzeuge in Betrieb genommen wurden, läuft nun die Serienproduktion im SWB-Betriebshof in Beuel. Mittlerweile vier der neuen Stadtbahnen sind täglich im Linienbetrieb im Einsatz.
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