Die SBB kauft bei Stadler Rail 29 neue, international einsetzbare Triebzüge für den Nord-Süd-Verkehr. Ausschlaggebend für den Entscheid war die beste Bewertung von Stadler Rail bei der Gesamtwirtschaftlichkeit und den Kundenanforderungen. Das Auftragsvolumen beträgt knapp 1 Mia. Franken. Mit den neuen Zügen kann die SBB ihren Kundinnen und Kunden im Hinblick auf das prognostizierte Nachfragewachstum nach der Inbetriebnahme des Gotthard- und Ceneri-Basistunnels genügend Sitzplätze, mehr Komfort und ein verlässliches Angebot zur Verfügung stellen. Die Züge sollen gemäss vertraglicher Vereinbarung mit Stadler Rail ab Ende 2019 schrittweise zum Einsatz kommen.
Auf dem Werksgelände bei Stadler Rail in Altenrhein Foto: Marcel Manhart
Die SBB beauftragt Stadler Rail mit dem Bau von 29 neuen, international einsetzbaren Triebzügen für den Nord-Süd-Verkehr. Das Auftragsvolumen beträgt knapp 1 Mia. Franken. Die SBB hat im April 2012 das Ausschreibungsverfahren für 29 neue Züge gestartet, heute hat die SBB den Zuschlag erteilt. «Der Entscheid fiel klar aus, Stadler Rail hat die Vergabekriterien mit deutlichem Vorsprung am besten erfüllt und uns einen sehr kundenfreundlichen Zug offeriert», sagt SBB CEO Andreas Meyer.
Stadler Rail schnitt bei den zwei am stärksten gewichteten Hauptkriterien am besten ab und überzeugte insbesondere durch eine hohe Gesamtwirtschaftlichkeit (40%) und Innovation (25%), insbesondere bei den Kundenanforderungen wie der Gestaltung oder der Fahrgastsicherheit. Bei den anderen beiden Kriterien Technik (20%) und Vertragserfüllung (15%) war das Angebot von Stadler Rail vergleichbar mit demjenigen der anderen Anbieter. «Wir wollen den besten Zug für unsere Kundinnen und Kunden. Bei der Gestaltung stand die Kundenorientierung im Vordergrund, zum Einsatz kommt bewährte Technik», sagt Jeannine Pilloud, Leiterin SBB Personenverkehr.
Die drei Rollmaterial-Hersteller Alstom, Stadler Rail und Talgo haben eine Offerte für den Grossauftrag eingereicht. Dem Entscheid ging ein aufwändiges Verfahren gemäss Bundesgesetz und Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB/VöB) voraus. Die für die Evaluation berücksichtigten Kriterien wurden im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung auf simap.ch publiziert. Gemäss den gesetzlichen Vorgaben war der Wertschöpfungsanteil in der Schweiz kein Kriterium. Stadler Rail wird die neuen Züge nach eigenen Aussagen in Bussnang fertigen lassen. Neben dem jetzt erfolgten Zuschlag von 29 Zügen sichert sich die SBB vertraglich Optionen für bis zu 92 weitere Züge. Der Vergabeentscheid wird am 10. Mai 2014 auf simap.ch publiziert; ab dann läuft eine 20-tägige Beschwerdefrist. Die Vertragsunterzeichnung findet voraussichtlich Anfang Juni statt.
Neue Züge bieten mehr Sitzplätze und Komfort
Die neuen Triebzüge fahren bis zu 249 km/h und bieten mit bis zu 400 Metern Länge in Doppeltraktion gut 800 Sitzplätze. Das sind rund 40 Prozent mehr als die heutigen, 230 Meter langen ETR-470-Kompositionen. Die SBB hat sich gemäss den Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes entschieden, Tiefeinstiege anzubieten, da diese einem Kundenbedürfnis, zum Beispiel auch von älteren Personen und Personen mit Gepäck oder Kinderwagen, entsprechen. Jede Zugskomposition weist je zwei rollstuhlgängige Toiletten sowie Durchgänge zwischen der 1. und 2. Klasse und dem Speisewagen auf. Es stehen geschlechtergetrennte Toiletten, grosse Gepäckablagen und ein Fahrgastinformationssystem mit elektronischen Anzeigen zur Verfügung. Weiter gibt es Ruhe-, Familien- und Businesszonen, Steckdosen an allen Sitzplätzen sowie neue Signalverstärker für guten Mobilfunkempfang unterwegs.
Spürbare Verbesserung des Angebotes am Gotthard
Mit den neuen Zügen kann die SBB ihren Kundinnen und Kunden im Hinblick auf das prognostizierte Nachfragewachstum nach der Inbetriebnahme des Gotthard- und Ceneri-Basistunnels genügend Sitzplätze, mehr Komfort und ein verlässliches Angebot zur Verfügung stellen. Heute fahren täglich rund 9000 Personen mit der SBB durch den Gotthard. Bis 2025 dürfte sich die Zahl der Reisenden dank der Verdichtung und Beschleunigung des Angebotes mehr als verdoppeln, bereits 2020 rechnet die SBB mit mindestens 15 000 Reisenden pro Tag.
Die neuen Züge sollen gemäss vertraglicher Vereinbarung mit Stadler Rail schrittweise ab Ende 2019 eingesetzt werden. Sie sollen in der Schweiz, in Deutschland und Italien zugelassen werden. Die Züge verkehren zuerst zwischen Basel/Zürich und Mailand und können später auch auf andern, insbesondere internationalen Strecken eingesetzt werden. Die Züge ersetzen am Gotthard langfristig die Neigezüge des Typs ICN und ETR 610. Für die Übergangszeit bis Ende 2019 hat die SBB acht zusätzliche Neigezüge des Typs ETR 610 bestellt. Die zusätzlichen ETR 610 kommen bereits ab 2014 zum Einsatz und ersetzen die Züge des Typs ETR 470, die ausrangiert werden.
Wenn die neuen Triebzüge Nord-Süd von Stadler Rail in den Verkehr kommen, fahren die ETR 610 neu am Simplon und die ICN auf kurvigen Strecken wie dem Jura-Südfuss. Die SBB hat dank der neuen Züge nicht nur kurz- sondern auch langfristig genügend modernes, kundenfreundliches Rollmaterial für den Nord-Süd-Verkehr. Insgesamt investiert die SBB in den nächsten Jahren durchschnittlich rund eine Milliarde Franken pro Jahr in Rollmaterial.
So sollen die neuen Züge dereinst aussehen Bild: © Stadler Rail AG / NOSE Design AG
Medienmitteilung von Stadler Rail
Stadler Rail gewinnt Ausschreibung für NEAT-Züge
Die SBB haben heute den Auftrag für die künftigen internationalen NEAT-Züge an Stadler Rail vergeben. Nach einer hart umkämpften Ausschreibung gewann der Schweizer Anbieter das Rennen um 29 Eurocity-Züge. Dies ist ein wichtiger Meilenstein für Stadler Rail. Das Unternehmen stösst mit diesem Auftrag ins Highspeed-Segment bis 250 km/h vor. Die Mehrsystemzüge werden Zulassungen für die Schweiz, Italien, Deutschland und Österreich erhalten. Es handelt sich weltweit um den ersten einstöckigen Niederflur-Hochgeschwindigkeitszug. Damit wird das Behindertengleichstellungsgesetz vollumfänglich erfüllt. Das Auftragsvolumen beträgt rund CHF 980 Mio.
Die Freude bei Peter Spuhler, Inhaber und CEO der Stadler Rail Group ist gross: „Wir sind sehr stolz, dass wir die hohen Anforderungen des Fahrzeugpflichtenheftes mit unserem Konzept optimal erfüllen konnten. Ich danke an dieser Stelle den SBB für das Vertrauen, das sie uns entgegenbringen. Sicher haben auch die Referenzen unserer Kunden bezüglich Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit sowie insbesondere auch beim Bau und der Zulassung von grenzüberschreitenden Mehrsystemzügen für Italien, Österreich und Deutschland einen positiven Einfluss gehabt.“
Bewährte Züge und Innovation
Der neu entwickelte EC250 ist ein 200m langer 11-teiliger Gliederzug. Die Wagen sind mit sogenannten Jakobsdrehgestellen verbunden. Stadler Rail konnte bei der Entwicklung des Zuges auf viele bewährte Komponenten der bisherigen Fahrzeugfamilien zurückgreifen. Das Unternehmen hat auch viel Erfahrung mit Zügen für den grenzüberschreitenden Verkehr Schweiz – Italien, bereits 40 Züge haben sich seit mehreren Jahren bestens bewährt. Weitere 18 Mehrsystem-Züge haben eine Zulassung für Italien und Österreich. Stadler Rail verfügt grundsätzlich über sehr viel Erfahrung mit Zügen für Italien. So sind bereits über 100 Stadler-Züge erfolgreich in Italien im Einsatz.
Die Produktinnovation zählt zu den besonderen Stärken von Stadler Rail. In den vergangenen Jahren ist es dem Schweizer Schienenfahrzeughersteller immer wieder gelungen, neue Produkte in sehr kurzer Zeit zu entwickeln, zu bauen und erfolgreich in Betrieb zu nehmen. So gingen beispielsweise die damals komplett neuentwickelten Doppelstocktriebzüge KISS für die S-Bahn Zürich Ende 2011 nur drei Jahre nach Auftragserteilung in den Fahrgastbetrieb. Auch mit der Weiterentwicklung bestehender Fahrzeugfamilien konnte Stadler Rail seine Leistungsfähigkeit immer wieder unter Beweis stellen, sei dies mit dem FLIRT für die harten klimatischen Bedingungen in Skandinavien oder mit den ersten FLIRT und KISS für 200 km/h in Norwegen und Österreich. Alle diese Fahrzeuge erreichten innert kürzester Zeit höchste Verfügbarkeitswerte.
Auslastung in der Schweiz
Stadler Rail wurde seit 2011 besonders stark von der Eurokrise und dem starken Franken getroffen. Wegen der Währungsverwerfungen wurden in der Schweiz gefertigte Fahrzeuge im Vergleich zur Konkurrenz im Euroraum innert weniger Monate um 20% teurer. Gleichzeitig ist aufgrund der Verschuldung vieler Euroländer die Anzahl der Ausschreibungen massiv zurückgegangen. 2012 brach der Auftragseingang vom mehrjährigen Durchschnitt von rund CHF 2 Mrd. auf nur noch CHF 720 Mio. ein.
Stadler Rail reagierte umgehend auf die Krise mit einer Anpassung der Strategie: Neue Märkte und neue Segmente mussten angepeilt werden. Es war das Ziel, in die Segmente „Fernverkehr bis 250 km/h“ und „U-Bahn“ vorzustossen. Beides ist inzwischen gelungen: Vor zwei Jahren gewann Stadler Rail den ersten U-Bahn Auftrag für Berlin und nun den ersten Auftrag im Fernverkehr bis 250 km/h. Peter Spuhler betont: „Wir sind überzeugt, dass wir diesen Zug mit gewissen Anpassungen auch erfolgreich in anderen Märkten verkaufen können.“ Der Auftrag der SBB trägt positiv zur besseren Auslastung des grössten Stadler-Werkes in Bussnang ab Mitte 2015 bei. Der Zug wird komplett in Bussnang gebaut, die Drehgestelle kommen aus dem Stadler-Werk in Winterthur. Viele Schweizer Zulieferbetriebe werden wichtige Komponenten liefern, so dass die Schweizer Wertschöpfung rund 80 % erreicht.
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